„Ich bin ausgeschüttet wie Wasser,
alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst;
mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe,
und meine Zunge klebt mir am Gaumen,
und du legst mich in des Todes Staub.“
(Psalm 22, 15+ 16)
Das Evangelium des Markus (5, 25ff) und des Matthäus (9, 20ff) erzählen
von einer Frau, die von ihren Blutungen geheilt wurde,
sobald sie Jesu Gewand berührt hatte.
Vielleicht steckt diese Begebenheit hinter der Legende von Veronika,
deren Schweißtuch von Jesus berührt wird
und das seitdem den Abdruck von Jesu Antlitz tragen soll.
Veronika drängt sich durch die johlende Menge
und die schwer bewaffneten Soldaten.
Direkt vor Jesus bleibt sie stehen und sieht ihn an.
Sein Gesicht ist von Blut und Schweiß bedeckt.
Sie nimmt ein Tuch und drückt es vorsichtig auf sein Gesicht.
Es wird überliefert, dass sich Jesu Antlitz in diesem Tuch abgezeichnet hat.
Mehr noch als auf dem Tuch hat sich für Veronika
das Bild Jesu in ihrem Herzen abgezeichnet:
Sie sah in dem schmerzverzerrten Gesicht des Herrn die Liebe,
die ihn auf den Kreuzweg gebracht hatte.
Gottes Angesicht zu sehen, ihm gegenüber zu stehen
und ihn all das fragen zu können, was uns jetzt unbegreiflich ist,
wer hat sich das noch nie gewünscht?
Am Ende hoffen wir, ihn zu sehen in seiner Ewigkeit.
Jetzt ist Gott für uns verborgen. Er begegnet uns aber im Antlitz Jesu
und in den vom Leid gezeichneten Gesichtern zahlreicher Menschen.
Jesus hat sich mit ihnen identifiziert:
„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25, 40).
Ob Legende oder nicht: Was Veronika tat, hat einem kleinen Teil der Welt,
einem Tuch, Jesu Antlitz aufgedrückt.
So wie dieses Tuch kann jeder von uns Projektionsfläche für die Liebe sein, die im Angesicht Jesu sichtbar wird.
Veronikas Beispiel lädt ein,
mitmenschlich zu handeln und Barmherzigkeit zu üben.
Wir sehen auf Jesus und beten für alle, die sich vom Leid an-derer ergreifen lassen und helfen wollen. Für alte und kranke Menschen, denen es schwer fällt, Hilfe anzunehmen. Für Menschen, die Zeugen von Unfällen werden und am Straßenrand spontan helfen müssen. Für alle, die sich auf die Betrachtung von Jesu Kreuzweg einlassen.
Herr Jesus Christus, Du gehst mit uns durch Kreuz und Tod. Lass uns mit Dir auferstehen! Herr, erbarme dich!
© Evang.- Luth. Kirchengemeinden Rodenkirchen und Schwei